Man benachrichtigte also Dale und stellte ihm Lise vor. Die beiden schienen sich von Anfang an gut zu verstehen. Dale war überglücklich, dass man ihm diese Chance bot. Er war gerade 44 Jahre alt geworden und ahnte, dass das hier seine letzte Möglichkeit sein würde, doch noch Vater zu werden. Lise wiederum war glücklich, weil sie hoffte, endlich aus diesem Waisenheim herauszukommen.
Man stellte also die beiden einander vor und Lise benahm sich ausgesprochen höflich. Sie gab ihr Bestes, sah doch auch sie hier ihre Chance auf ein gutes Zuhause. Für beide schien es, als würde alles gut werden und so gab man Dale die Möglichkeit, ein Kind zu adoptieren und Lise würde doch noch ein relativ normales Zuhause bekommen.
Lise war ja kein Baby mehr
Der größte Vorteil an dieser Adoption lag darin, dass Lise ja kein Baby mehr war. Dale hatte es also einfacher als viele anderen Eltern, die sich erst durch die schwierigen Baby Jahre arbeiten mussten. Er musste einfach da sein, sich um das Mädchen kümmern, von dem er schon ahnte, dass es kein leichtes Leben geführt hatte bisher. Er war ja nicht dumm.
Sie war höflich, sie war diszipliniert. Kein Wunder, war sie doch die ganzen Jahre in diesem Waisenheim gewesen und man hatte sie gut erzogen. Allerdings war es gerade am Anfang nicht einfach, eine Beziehung zu ihr aufzubauen. Sie war distanziert. Höflich, aber eben nicht herzlich. Lise brauchte erst mal das Gefühl, sicher sein zu können.
Die Zeit verging
Sie verstanden sich schon gut, damit hier keine Zweifel aufkommen. Dale kümmerte sich liebevoll um das Mädchen und sie war brav und folgsam. Sie hatten auch viel Spaß zusammen und alles schien gut zu sein. Dennoch ahnte Dale, dass das Mädchen immer irgendwie auf Abstand blieb. Als hätte sie vor irgend etwas Angst. Wahrscheinlich fürchtete sie, dass sie wieder in das Heim müsste, wenn sie sich nicht gut benehmen würde.
Das Mädchen wurde langsam groß und das kennen sicher alle Eltern, die Zeit schien nur so zu fliegen. Die beiden hatten ein gutes Verhältnis und lebten so, als wäre es nie anders gewesen. Niemand von außen hätte ahnen können, dass da doch etwas war. Dale jedoch spürte, dass das Mädchen nicht wirklich glücklich war. Das sie etwas in sich trug, was sie einfach nicht mit ihm teilen wollte, vielleicht auch nicht mit ihm teilen konnte.
Lise lebte in ihrer Welt
Es waren bereits einige Jahre vergangen und Dale hatte immer wieder das Gefühl, als hielte irgendwas Lise zurück. Sie verbrachte den Tag so gut es ging mit ihm, aber sie sorgte auch immer wieder dafür, dass sie Zeit alleine hatte. Lise hatte auch kaum Interesse an anderen Kindern. Aber Dale beschloss, sich hier nicht zu viele Gedanken zu machen. Kinder waren nun mal verschieden.
Als sie älter wurde, zog sie sich immer mehr zurück. Die meiste Zeit des Tages war sie alleine in ihrem Zimmer und Dale wusste nicht, wie er Zugang zu ihr finden würde. Er fand das schon seltsam, aber vielleicht wollte sie auch einfach nur alleine sein, mit ihren Gedanken. Sie wusste ja von ihm, dass sie jederzeit zu ihm kommen konnte und mit ihm reden.